Rerik ist ein ausgezeichnetes Ziel

Uns gefällt Rerik. Das hat man ein pittoreskes Städtchen, in landschaftlich schöner Umgebung gelegen, welches auch zu zahlreichen Aktivitäten aufruft. Der Hafen ist hübsch und bietet einen wunderbaren Ausblick über das Salzhaff, aber in ganz wenigen Minuten (500m) gelangt man vom Hafen zur Seebrücke und zum Ostseestrand. Ein ausgezeichnetes Ziel.

Die Ansteuerung ist lang, aber einfacher als es die meisten Revierführer glauben machen. Wichtig ist, das Salzhaff vom Nordwesten – fast aus dem Naturschutzgebiet – anzulaufen. Dann hält man sich nahe an der Landzunge. Die flachen Abschnitte sind bei gutem Wetter leicht auszumachen. Man braucht nur wenig Abstand von der Landzunge, an deren südlichen Spitze so gut wie gar keinen. Nach dem Passieren dieser Spitze dreht man nach Bb. ein, und es geht mit einem Kurs von rund 70 Grad auf die Tonne Warder Nord (eine N-Kardinale) zu, nach dieser mit etwa 30 Grad zur Ansteuerungstonne Rerik. Danach halte man sich gewissenhaft im Tonnenstrich. Beim Auslaufen gilt: umgekehrt, umgekehrt.

Der Hafen selbst wird zum Land hin recht flach. Mit unseren 1,3 m Tiefgang würde ich zwischen den drei Fingern etwa 2/3 der Fingerlänge zum Land hin laufen, die Außenseiten links und rechts der Finger spare ich lieber aus. (Tatsächlich sind wir auf der rechten Seite schon einmal stecken geblieben.) An den Köpfen der Stege ist genug Tiefe und auch genug Platz für größere Yachten (oberhalb von 14m eher nicht). Östlich von den drei im Hafenhandbuch ausgewiesenen Stegen – oben als "Finger" bezeichnet – liegt noch eine weitere Brücke, die ausweislich ihrer Beschilderung Gäste aufnimmt.


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Blick auf das Salzhaff von der Promenade – im Vordergrund links ist der "vierte Steg" zu sehen

Zum Yachthafen (Vereinshafen) selbst ist zu sagen, dass dieser ungemein romantisch ist. Er besteht aus drei Holzstegen mit Boxen oder – an den Köpfen der Stege – einzelnen Heckdalben, Der Ausgang führt unmittelbar zu einer Promenade mit Restaurants (mehr dazu später), einem Hinterhof mit den sanitären Einrichtungen und dem Badestrand. Zwischen Hafen und Promenade befindet sich ein kleiner Grillplatz für die Yachties, an dem auch die Holzhütte des Hafenmeisters liegt. (Geöffnet morgens von 08:30-09:00 und abends von 17:30-18:00.)

Ach ja, der Hafenmeister: Der ist eine echte Perle ! Und kompetent ! Wir kamen am 23.08.2019 gegen 17:00 Uhr mit einem Pulk von Yachten an, vor dem Hafen tobte in der Windstille die Wasserschlacht der lokalen Segeljugend (war wohl mal als Regatta gedacht gewesen), und einige Skipper konnten sich nicht so recht an grünen Schildern orientieren. (NB: Wir zählten später noch fünf grüne freie Plätze, nachdem die Welle festgemacht hatte.) Der Hafenmeister dirigierte das Chaos mit Aplomb, indem er die ankommenden Yachten persönlich in die Plätze einwies und auch noch die Leinen übernahm. Dabei nichts von der Impertinenz mediterraner Marineros, die immer alles besser wissen. Extrem freundlich. Und am nächsten Morgen wusste der Hafenmeister meinen Schiffsnamen noch, obwohl Nismo nun wirklich nicht Stammgast ist. Erstaunlich.

Die sanitären Anlagen und die Müllentsorgung liegen im Clubhaus etwa 200m vom Steg entfernt. Alles sehr sauber und auch von der Kapazität her ausreichend. Duschmarken kann man beim Hafenmeister erwerben, einige Duschen funktionieren auch mit 1€-Stücken. Eine weitere, öffentliche Toilette – die gleichwohl sehr sauber ist – befindet sich an der Promenade ostwärts vom Hafen in einer Entfernung von ebenfalls etwa 200m.


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Yachthafen Rerik bei Sonnenuntergang

Wasser und WLAN sind vorhanden, Strom auch – aber die Zahl der Stecker ist wesentlich kleiner als die der Liegeplätze. Einige Gastyachten blieben bei unserem letzten Besuch ohne Strom. Ich hatte das Glück, dass Nicole geistesgegenwärtig auch einmal Prioritäten verschiebt und gestern den letzten Stecker am Kopfsteg belegte. So war alles zum Kochen vorbereitet – wir haben auf Nismo nämlich schlicht kein Gas.

Nun zu Gastronomie und Entertainment. Die geneigte Leserin möge sich vorstellen, dass sie gerade den Grillplatz mit Hausmeisterhütte passiert hat, mit Blick nach N und dem Rücken zum Hafen. Wir bezeichnen dies als Position A.

Direkt gegenüber von Position A liegt ein Restaurant, das wir noch nie ausprobiert haben, weil der Außenbereich sich bei all unseren Besuchen durch die Abwesenheit von Gästen auszeichnete und die Speisekarte auch nicht wirklich überzeugte. Links hinter diesem Restaurant befinden sich der Slipkran, Vereinsheim und sanitäre Einrichtungen.

Wendet man sich bei Position A nach links, gelangt man auf einen Platz mit zahlreichen Restaurants und Cafés. Dazwischen nach NW ein Durchgang zur Seebrücke. Von der Seebrücke nach NE der Zugang zu einer sehr interessanten Aussichtsplattform. Wir haben in diesen Cafés zweimal gegessen, mit sehr gemischtem Erfolg. Der Laden ganz am SW-wärtigen Ende war nicht schlecht. Aber bloß nicht in den davor gehen! Einige der Cafés bieten gemäß Aushang auch Frühstück an. Aber wohl nicht für Yachties: Heute (24.08.2019, ein Samstag in der Hauptsaison) war um 09:00 noch kein Laden geöffnet. Um 10:00 war der Hafen schon geleert …

Nun zu den richtig guten Nachrichten. Man wende sich von Position A nach rechts und schlendere 100m - 200m die Promenade entlang. Bald zeigt sich auf der linken Seite ein Fischrestaurant ("Bin Fischers Fru"), das wir beim nächsten Mal unbedingt ausprobieren müssen, weil die auch einen sehr sauberen Fischladen im Dorfinneren haben.

Biegt man unmittelbar danach nach lins ein, so sieht man rechts von sich ein blaues einstöckiges Gebäude, links die großzügigen öffentlichen Toiletten (s.o.) und links vorne die Sailors' Inn. Halblinks daran vorbei zeigt sich jenseits der Straße ein Aufgang, der mit einem Schild "Privatweg - Zugang auf eigene Gefahr" bezeichnet ist. Man nehme die Gefahr auf sich, um nach etwa 300m zum Kirchplatz zu gelangen. Daran befinden sich nicht nur die sehr sehenswerte, recht alte Kirche mit ihrer barocken Inneneinrichtung, sondern auch eine Bäckerei mit Café und einem ordentlichen Frühstücksangebot.

Wenn man die Hauptstraße nördlich der Kirche für 500 m weiter verfolgt, findet man am Ende ein "Stadtzentrum" mit diversen Supermärkten, Geldautomaten und dergleichen. In Rerik ist letztlich alles außer Werft und Bootstankstelle in guter Qualität vorhanden, aber für einiges muss man laufen.

Dafür entschädigt Rerik aber mit Freundlichkeit, Atmosphäre und der gefühlten Abwesenheit von Tourismus à la Fehmarn.

Ehrlich gesagt ein Grund für uns, unseren Liegeplatz an der Wismar-Bucht für eine weitere Saison zu verlängern. Hier wollen wir häufiger hin !